Make do and mend - kleiner Ausflug in die 40er

Sonntag, 29. Juni 2014

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Wenn wir uns heute für das Thema Upcycling interessieren, kann das unterschiedliche Gründe haben, z.B.:

- Spaß am Gestalten mit limitierten Mitteln als - Herausforderung an die eigene Kreativität
- Sparsamkeit
- Umweltschutz

Wahrscheinlich ließen sich noch diverse, weitere individuelle Gründe anführen.

In der Vergangenheit war das Recyceln bzw. Upcyceln oft bittere Notwendigkeit. Ich möchte an dieser Stelle keinesfalls in naiv gefärbte Nostalgie verfallen, nach dem Motto "Früher war alles besser". Allerdings erfreuen sich die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Vergangenheit heute wieder immer stärker werdender Beliebtheit z.B. aus den o.g. Gründen.

Ein Klassiker ist dabei z.B. das Buch MAKE DO AND MEND


Es handelt sich um Faksimilies von Broschüren, die von der britischen Regierung während des 2. Weltkriegs herausgegeben wurden und 2007 erstmals in einem Buch gesammelt erschienen sind. Dabei bezieht sich das "Make do and mend" zwar überwiegend auf das Thema Kleidung aber auch das Sparen von Energie im privaten Haushalt wird thematisiert.

Wir können dort Tipps finden, wie man aus abgenutzen Kleidungsstücken von Erwachsenen neue Stücke für Kinder anfertigen kann,


das Flicken von Rissen und Löchern wird thematisiert,
 





wir sehen, wie wir alten Stücken durch Kleinigkeiten ein neues bzw. längeres Leben verleihen können,


und erhalten Tipps, wie wir die vorhandenen Kleidungs- und Wäschestücke möglichst pfleglich behandeln, damit sie so lang wie möglich benutzbar sind. 

Die Informationen über die Rationierung von Kleidungsstücken per Coupons machen deutlich, warum das in diesen Zeiten so wichtig war.


Da dieses Buch etwas speziell ist und nur in englischer Sprache erschienen, wird es wahrscheinlich nicht in örtlichen  Stadtbüchereien auszuleihen sein.

Einen kleinen Blick in das Buch könnt ihr auch hier werfen. Lasst Euch dort bitte nicht vom Titelbild irritieren, es handelt sich um eine Neuauflage aus diesem Jahr mit unverändertem Inhalt.

Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass Frau Couturette bereits vor drei Jahren so nett war und eine deutsche Broschüre aus dieser Zeit zum selben Thema auf ihrem Blog vorgestellt hat klick

Wenn Ihr Euch nicht nur für die Kleidungsthematik dieser Zeit interessiert, sondern auch insgesamt mehr über das tägliche Leben der Menschen in den 40ern erfahren möchtet, kann ich Euch die britische Serie Wartime Farming empfehlen. Der Link führt zur ersten  Episode von 8 Folgen die alle bei Youtube anzusehen sind. Die Macher haben sich bemüht, einen möglichst detaillierten Blick in das Leben der Menschen zu geben,  die mit plötzlicher Knappheit an allen Materialfronten (vom Essen bis zum Dachziegel) ungehen müssen. Auch wenn die meisten Dörfer im Gegensatz zu den größeren Städten nicht dem Bombenterror ausgesetzt waren, wir doch auch darauf eingegangen, wie die Landbevölkerung versuchte (versuchen sollte), den Städtern, die oft alles verloren haben, zu helfen. Natürlich will diese Serie in erster Linie unterhalten, aber sie vermittelt dabei einen (wie ich meine) guten Einblick in eine Zeit, die so ganz anders war, als unser heutiges Leben.

Wo wir gerade bei Thema Unterhaltung sind: Weiteres Zeitkolorit verbunden mit einer Krimihandlung findet Ihr auch in dem Buch "Mord in mageren Zeiten" von Jill Paton Walsh. Es beruht auf kurzen Zeitungsartikeln, welche die Krimiautorin Dorothy L. Sayers in Briefform während des Krieges veröffentlicht hat und dabei aktuelle Themen vor dem Hintergrund ihres Ermittlers Lord Peter Whimsey und dessen Familie aufgriff. Jill Paton Walsh selbst, wurde im Jahr 1937 geboren und hat somit durchaus auch noch eigene Erinnerung an diese "mageren Zeiten". Das Buch müsste übrigens als Klassiker der britischen Krimiliteratur auch in den meisten Stadtbücherein vorhanden und ausleihbar sein. Es geht dort nicht wirklich um das Thema Bekleidung aber wir erfahren dort z.B. was ein "Schweinering" ist und wodurch man Zucker im Kuchen ersetzen kann. Daneben handelt es sich um gute beschauliche Krimikost im Sinne der britischen Landhauskrimis - verbunden mit Kommentaren zur politischen Lage der Zeit.

Wenn ich das Leben der Menschen in dieser Zeit betrachte  - und machen wir uns nichts vor, auch in den Zeiten davor, war der Lebensstandard der Menschen bei weitem nicht mit unserem heutigen vergleichbar, frage ich mich immer wieder: macht der ganze materielle Überfluß mit dem wir uns umgeben, uns wirklich zufriedener bzw. wissen wir eigentlich zu schätzen, was wir haben, oder wäre weniger nicht doch mehr?

Noch einmal, es geht mir nicht darum, Zeiten in denen die Menschen um ihr Leben fürchten mussten und oftmals ihre Angehörigen sowie ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben zu verklären, aber ein Blick in diese Zeit, lässt uns unser eigenes Leben doch wieder einmal mit ganz anderen Augen sehen und manches, dass uns selbstverständlich scheint in Frage stellen.

2 Kommentare:

  1. Ich finde den Ansatz ganz wunderbar - auch das Umnähen bei Abnutzung oder weil Kleidung nicht mehr aktuell ist. Das erhöht den Wert der Kleidung aus meiner Sicht ungemein und ich glaube, dass wir genau das in der heutigen Zeit wieder brauchen und zwar in ganz vielen Hinsichten. Kleidung als Rohstoff, Kleidung als Aushängeschild, Kleidung als Wohlbefinden. Nicht mehr nur Kleidung von der Stange, möglichst billig, äußerst vergänglich.

    Ich bin natürlich auch realistisch und weiß, dass ich neben einem Vollzeitjob, Kochen und Haushalt unmöglich auch noch für alle Nähen, Stricken, Sticken, Flicken kann. Aber so ein bisschen andere Wertschätzung von Kleidung ist mir wichtig und wäre unserer gesamten Gesellschaft wünschenswert :)

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